Körper und Geist

Psychosomatik: Wie die Psyche den Körper beeinflussen kann

Besonders schwierig wird es, wenn trotz zahlreicher Arztbesuche keine körperliche Ursache gefunden wird. Schätzungsweise 20–40 % aller Patient:innen, die wegen körperlicher Symptome medizinische Hilfe suchen, erhalten die Diagnose, dass organisch „alles in Ordnung“ sei. Oft beginnt dann eine lange Odyssee von Facharzt zu Facharzt – auf der Suche nach einer Erklärung, die jedoch häufig ausbleibt. Im Durchschnitt dauert es fünf Jahre, bis Betroffenen nahegelegt wird, einen anderen Ansatz zu verfolgen und psychotherapeutische Unterstützung in Betracht zu ziehen. Diese Empfehlung trifft viele wie ein Schlag: „Ich bilde mir das doch nicht ein! Bin ich jetzt verrückt?“ Doch die Psychosomatik hat nichts mit Einbildung zu tun – sie bietet vielmehr eine andere Perspektive, um die Beschwerden besser zu verstehen. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Psychosomatik? Welche Rolle spielen Körper und Psyche dabei? Und wie können psychosomatische Beschwerden behandelt werden? All das erfährst du hier.

Eva-Maria Goblirsch

Eva-Maria Goblirsch

Was ist Psychosomatik?

Der Begriff „Psychosomatik“ stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus den Wörtern Psyche (Seele) und Soma (Körper) zusammen. Er beschreibt die enge Wechselwirkung zwischen unserem Geist und unserem physischen Zustand. Lange Zeit betrachtete die Wissenschaft Körper und Seele getrennt voneinander, doch heute wissen wir, dass sie untrennbar miteinander verbunden sind.

So wie körperliche Schmerzen (z. B. nach einer Verletzung) die Psyche belasten können – etwa durch Frustration oder Sorgen –, können auch psychische Belastungen wie Stress, Trauer oder Angst körperliche Beschwerden auslösen. Diese äußern sich häufig in Form von:

  • Schmerzen (Kopf, Rücken, Bauch etc.)
  • Vegetativen Beschwerden (z. B. Schwindel, Herzrasen, Verdauungsprobleme)
  • Erschöpfung oder Schlafstörungen

Viele alltägliche Redewendungen zeigen diese Verbindung von Psyche und Körper sehr deutlich:

  • „Ich habe einen Kloß im Hals.“
  • „Das schlägt mir auf den Magen.“
  • „Mir platzt gleich der Kopf.“
  • „Ich habe die Nase voll.“

Die Psychosomatik leugnet also keineswegs die Realität körperlicher Beschwerden, selbst wenn keine organische Ursache gefunden wird. Stattdessen erweitert sie den Blick und zieht psychische Faktoren in Betracht, die möglicherweise zu den Symptomen beitragen.

Was bedeuten meine Körpersymptome?

Körpersymptome können uns oft Hinweise auf zugrunde liegende psychische Belastungen geben. Ein Ansatz ist es, sich zu fragen: Was möchte mir mein Körper sagen? Hier ein paar Beispiele:

  • Schwindel: Fühlst du dich unsicher oder aus dem Gleichgewicht? Fehlt dir ein stabiles Fundament in deinem Leben?
  • Migräne: Über welche Themen zerbrichst du dir den Kopf? Was setzt dich unter Druck?
  • Übelkeit: Gibt es etwas in deinem Leben, das du „zum Kotzen“ findest?
  • Ohrendruck: Gibt es Menschen oder Situationen, denen du zu viel Gehör schenkst? Fühlt sich etwas „zu laut“ an?
  • Rückenschmerzen: Trägst du zu viel Verantwortung oder Last auf deinen Schultern?

Natürlich sind diese Fragen nicht universell gültig, aber sie können dabei helfen, Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche zu erkennen.

5 typische Ursachen für psychosomatische Beschwerden

Psychosomatische Beschwerden können viele Ursachen haben. Die folgenden fünf sind besonders häufig:

1. Stress

Stress ist eine der häufigsten Ursachen für psychosomatische Symptome. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Stress „negativ“ (z. B. Konflikte, Überlastung) oder „positiv“ (z. B. Hochzeit, Beförderung) ist – in beiden Fällen können körperliche Reaktionen auftreten. Chronischer Stress führt oft zu Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen oder Schlafstörungen.

2. Emotionale Belastungen

Gefühle wie Trauer, Angst, Wut oder Einsamkeit können sich im Körper manifestieren. Wenn wir beispielsweise gelernt haben, Ärger nicht zu zeigen („Das gehört sich nicht“), kann sich dieses Gefühl als körperliches Symptom äußern – etwa durch Bauchschmerzen oder Verspannungen.

3. Traumatische Erlebnisse

Traumatische Erfahrungen wie Missbrauch, Gewalt oder Vernachlässigung hinterlassen oft Spuren im sogenannten Körpergedächtnis. Dieses speichert emotionale Erinnerungen, die später körperliche Beschwerden auslösen können – selbst Jahre nach dem eigentlichen Ereignis.

4. Persönlichkeit

Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, wie Perfektionismus oder eine Neigung zu Angstzuständen, erhöhen das Risiko für psychosomatische Beschwerden.

5. Körperliche Erkrankungen

Chronische oder schwere körperliche Erkrankungen können psychosomatische Symptome verstärken. Schmerzen oder Einschränkungen belasten oft die Psyche, was wiederum neue Beschwerden hervorrufen kann – ein Teufelskreis entsteht.

Wie werden psychosomatische Beschwerden behandelt?

Der Schlüssel zur Behandlung psychosomatischer Beschwerden liegt darin, sowohl den Körper als auch die Psyche zu betrachten. Ziel ist es, die Lebensqualität wiederherzustellen und den Umgang mit den Symptomen zu verbessern. Hier sind einige Ansätze:

  1. Stressoren identifizieren und bewältigen
    Welche Stressfaktoren gibt es aktuell in deinem Leben? Welche Strategien nutzt du, um damit umzugehen? Sport, Achtsamkeitsübungen oder Entspannungstechniken können helfen, Stress zu reduzieren.
  2. Emotionen annehmen lernen
    In der Therapie kannst du lernen, Gefühle zuzulassen und sie nicht zu verdrängen. Alle Emotionen sind erlaubt – auch die, die wir sonst als „unangenehm“ empfinden, wie Wut oder Angst.
  3. Schrittweise Aktivität statt Schonverhalten
    Ein häufiges Muster ist das Wechselspiel zwischen Überforderung („alles machen“) und Rückzug („nichts mehr machen“). Eine gute Balance hilft, Schonverhalten abzubauen und trotz Beschwerden aktiv zu bleiben.
  4. Körperpsychotherapie
    Therapieformen wie Atem- und Entspannungsübungen, Yoga, Tai Chi oder Achtsamkeitstraining können dabei unterstützen, die Verbindung zwischen Körper und Psyche zu stärken.

Fazit

Psychosomatik zeigt uns, wie eng Körper und Psyche miteinander verknüpft sind. Körperliche Beschwerden ohne offensichtliche organische Ursache bedeuten nicht, dass man „sich etwas einbildet“ – sie können vielmehr ein Ausdruck psychischer Belastungen sein. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl körperliche als auch seelische Aspekte berücksichtigt, bietet oft die besten Chancen auf Heilung.

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Quellen & weiterführende Links

  • Kleinstäuber, M. (2018). Therapie-Tools Somatoforme Störungen. Beltz von Wachter, M., & Kappis, B. (2019). Therapie-Tools Schmerzstörungen. Beltz.
  • Podcast Quarks Daily vom ARD, Folge “Psychosomatik - Wie Körper und Seele einander beeinflussen”
  • Podcast “Psychosomatik - Krankheit als Sprache der Seele”
  • Podast “Jung & Freudlos” -
  • Buchempfehlungen: “Das ist dann wohl psychosomatisch” von Alexander Kugelstadt, “Wie das Gehirn die Seele macht” von Gerhart Roth & “Stark im Leben, geborgen im Sein - über den Körper zu sich selbst finden” von Lea Stellmach

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